Warum ist Singapur so sauber?

Singapur zählt wie Vancouver, Tokio, Kopenhagen und anderen zu den saubersten Städten der Welt. Wie ist Singapur eine der saubersten Städte geworden? Wer hat das veranlasst? Was waren die Pläne? Welche konkreten Maßnahmen haben letztendlich zum Erfolg geführt? Was können wir von Singapur lernen für unsere eigenen Städte?

Wer schon einmal in Singapur war, kann ein Lied von der Sauberkeit dort singen. Weder auf den Straßen, in U-Bahnen und anderen öffentliche Verkehrsmittel, in öffentliche Toiletten oder anderswo wird man über Müll oder Zigarettenstummel stolpern. Dafür sieht man immer wieder Kolonnen von Reinigungskräften, die in Singapur für Sauberkeit sorgen.

Was man oft kennt sind die drakonischen Geldstrafen, die auf das achtlose Wegwerfen von Zigarettenkippen oder Müll stehen. Wer Müll auf die Straße wirft, und sei er noch so klein, kann dafür schnell mal 1000 Singapur-Dollar bezahlen – also rund 700,- Euro. Viel Geld für zum Beispiel einen achtlos weggeworfenen Zigarettenstummel. Alternativ wird auch gemeinnützige Arbeit als Bestrafung verhängt.

Aber es sind eben nicht die happigen Strafen und die fleißigen Putzkolonnen allein, die ihre Wirkung zeigen, sondern es steckt eine ganze Philosophie dahinter, die Singapur im Ergebnis so erfolgreich macht. Ganz so einfach ist es also nicht. Zumal Strafen nur verhängt werden können, wenn man jemanden auch erwischt oder überführen kann. In deutschen, europäischen oder anderen Städten der westlichen Welt ist ja nicht das Problem, dass es zu wenig Verbote gibt, sondern die Durchsetzung ist der schwierige Part.

Singapur kann man weltweit zweifellos als eine der saubersten und am besten organisierten Städte in Bezug auf Abfallmanagement und Sauberkeit betrachten. Der heutige Erfolg ist das Ergebnis von jahrzehntelanger Planung, strengen Gesetzen, konsequentem Handeln der Verantwortlichen und der Förderung einer Kultur der Sauberkeit.

Was sind nun also die wesentlichen Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass Singapur zu einer so sauberen Stadt wurde?

1. Die Vision und die Führung von Lee Kuan Yew

Lee Kuan Yew war der erste Premierminister, nachdem Singapur 1959 zu einer selbstregierten Kronkolonie wurde. Er legte die Grundlage für Singapurs sauberen Ruf. Lee hatte eine klare Vision, dass Singapur eine saubere und gut organisierte Stadt sein sollte, um die Lebensqualität der Bürger zu verbessern und den internationalen Ruf des Landes zu stärken.

Lee Kuan Yew erkannte früh, dass eine saubere Umgebung nicht nur für die Gesundheit der Bevölkerung wichtig ist, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung und den internationalen Ruf des Landes. In den 1960er Jahren, als Singapur noch eine arme Stadt war, begann Lee, die Grundsteine für eine saubere und gut organisierte Gesellschaft zu legen. Ein wichtiger Baustein für Singapur war also der politische Wille und eine langfristige Planung.

Gleichermaßen wurde von vorneherein mitgedacht, kulturelle Veränderungen anzustoßen. Lee und die Regierung setzten auf eine umfassende Veränderung der kulturellen Normen und Werte, um Sauberkeit als ein „gesellschaftliches Muss“ zu etablieren. Dies geschah durch Kampagnen, Bildung und den aktiven Einsatz der Regierung.

2. Strenge Gesetze und hohe Bußgelder

Strenge Gesetze und hohe Strafen gegen das Wegwerfen von Müll und das Verschmutzen öffentlicher Plätze sind ein zentraler Bestandteil der Sauberkeitspolitik Singapurs.

In den frühen 1970er Jahren führte Singapur strenge Gesetze zur Müllvermeidung und -beseitigung ein. Wer in der Öffentlichkeit Müll nicht in Mülltonnen wirft, wird mit hohen Strafen belegt. Ein Erstverstoß kann hier schon mal 1000 Singapur-Dollar kosten (etwa 700 Euro), bei wiederholtem Fehlverhalten können auch Geldstrafen bis zu 5000 Singapur-Dollar und in schwerwiegenden Fällen sogar Gefängnisstrafen verhängt werden.

Darüber hinaus können auch gemeinnützige Arbeiten als Strafe verhängt werden wie zum Beispiel das Müllbeseitigen in der Öffentlichkeit. Die Täter werden dann verpflichtet, einen öffentliche Ort, wie zum Beispiel einen Park oder einen Platz für mehrere Stunden zu reinigen, indem sie Müll einsammeln. Dazu dürfen sie dann gelb-rosa-farbene Warnwesten tragen mit der Aufschrift „corrective work order“.

In Singapur sind in den letzten Jahren mal mehr und mal weniger solche Strafen verhängt worden. Die Zahlen schwanken so zwischen 18.000 und 20.000 pro Jahr. Angesichts von rund 6 Millionen Einwohnern und 13,6 Millionen Touristen (2023) pro Jahr dürfte die Aussicht auf diese Strafen nicht die zentrale Rolle für die Sauberkeit in der Stadt spielen.

3. Aufklärung und Bildung

Kontinuierliche Bildungs- und Aufklärungskampagnen durch die Regierung von Singapur leisten einen weiteren Beitrag, um das Bewusstsein für Sauberkeit zu schärfen und den Bürgern die Bedeutung der Abfallentsorgung nahezubringen.

Kampagnen zur Müllvermeidung: Im Laufe der Jahre führte Singapur eine Vielzahl von Aufklärungskampagnen durch, in denen die Bürger über die Folgen von Verschmutzung und die Bedeutung der Mülltrennung informiert wurden. Diese Kampagnen zielten darauf ab, eine Kultur des Verantwortungsbewusstseins und Respekts für die öffentliche Ordnung zu etablieren.

Gründliche Aufklärung in Schulen: Abfallmanagement und Sauberkeit wurden auch in den Schulen thematisiert. Bereits in der Grundschule lernen Kinder den Umgang mit Müll, Recycling und die Wichtigkeit von sauberer Umwelt und öffentlichem Raum.

4. Exzellentes Abfallmanagement

Ein weiteres Schlüsselelement für die Sauberkeit in Singapur ist das Abfallmanagementsystem, das zu den fortschrittlichsten der Welt gehört.

Effiziente Abfallentsorgung: Singapur hat ein hochentwickeltes System zur Abfallentsorgung, das sowohl Abfallvermeidung als auch Recycling fördert. Das liegt u.a. auch pragmatisch darin begründet, dass das Stadtgebiet zwischen dem Meer und der Grenze zu Malaysia eng begrenzt ist. Auf der zur Verfügung stehenden Fläche ist einfach kein Platz für große Deponien. So gibt es ein landesweites System von Abfalltrennung und Recycling, das die Bürger dazu anregt, ihren Müll korrekt zu trennen und umweltfreundlich zu entsorgen.

Müllverbrennung: Singapur verbrennt seinen Restmüll. Einerseits um Platz zu schaffen und gleichzeitig um Energie zu gewinnen. Mit der Müllverbrennung sind weniger Deponieflächen notwendig und mit der Kontrolle der Abgase lässt sich zudem die Luftqualität beeinflussen.

Recycling: Singapur legt einen starken Fokus auf Recycling und die Minimierung von Abfall. Die Regierung hat ein Nationales Programm ins Leben gerufen, um vielfältig Materialien zu recyceln und wiederzuverwenden. Recyclingstationen und Sammelstellen sind in der ganzen Stadt verteilt.

5. Nachhaltige Stadtplanung und öffentliche Sauberkeit

Auch die Stadtplanung in Singapur ist auf Sauberkeit als wichtigen Bestandteil der urbanen Infrastruktur ausgelegt.

Grüne Städte und öffentliche Parks: Singapur hat den Ruf, eine „Gartenstadt“ zu sein. Es gibt zahlreiche Parks, Gärten und Grünflächen, die gut gepflegt und regelmäßig gereinigt werden. Diese grünen Flächen tragen nicht nur zur Sauberkeit bei, sondern auch zur Lebensqualität der Bewohner.

Innovative Abfallentsorgungssysteme: Singapur nutzt hochmoderne Technologie, um Abfall zu sammeln und zu entsorgen. Dazu gehören zum Beispiel unterirdische Mülleimer, die dann geleert werden, wenn sie voll sind.

Hinzu kommen „mechanisierte Abfallentsorgungsprozesse“ wie zum Beispiel automatisierte, luftdruckbasierte Müllschlucker und -transportsysteme in großen Gebäuden. Der Müll wird hier per Unterdruck durch ein Rohrsystem zu zentralen Sammelstellen befördert. Vorteile sind die geringere Geruchsbelästigung, größere Hygiene und weniger Verkehr durch Müllwagen. Weiterhin gibt es automatisierte Recyclingstationen, die Materialien automatisch sortieren und Nutzer sogar belohnen. Ein weiteres Beispiel sind der Einsatz von Robotern zur Straßenreinigung und Müllsammlung.

Die Abfallentsorgungsprozesse in Singapur sind ein durchdigitalisiertes, effizient automatisiertes System, welches Hygiene, Nachhaltigkeit und Lebensqualität steigert. Das ist zum einen technisch beeindruckend, aber vor allem auch ein wirksames Zeichen, wie ernst die Regierung es meint, eine hohe Lebensqualität über das Thema Sauberkeit und Hygiene herzustellen.

6. Unterstützung durch die Gemeinschaft

Singapur setzt auch auf viele lokale Initiativen und somit auf die Mitwirkung der Bürgerschaft. So gibt es Programme, bei denen Bürger aktiv an der Sauberhaltung ihrer Umgebung beteiligt werden.

Nachbarschaftsinitiativen: Verschiedene Initiativen und Programme richten sich an die Bewohner, sich aktiv an der Reinigung ihrer Umgebung zu beteiligen. Es bleibt aber nicht bei gemeinschaftlichen Müllsammelaktionen sondern die Möglichkeiten reichen bis zur Mitarbeit an Abfallentsorgungsstrategien.

Zusammenarbeit mit Unternehmen: Singapur setzt eng auf die Unterstützung von Unternehmen und hier insbesondere auf Einzelhändler und gastronomische Betriebe. So lässt sich leichter sicherstellen, dass Verpackungsmüll ordnungsgemäß entsorgt und Abfall vermieden wird.

Ergebnisse und Auswirkungen

Der Erfolg dieser Maßnahmen hat Singapur über die Zeit zu einer der saubersten Städte der Welt und zu einem internationalen Vorbild in Sachen Sauberkeit und Nachhaltigkeit gemacht. Eine gute Kombination von politischen Visionen, gesetzlichen Maßnahmen, Bildung, technologischem Fortschritt und die aktiven Beteiligung der Bürgerschaft haben das möglich gemacht. Die Sauberkeit ist in Singapur nicht nur eine Frage des Abfallmanagements, sondern auch ein Symbol für das starke Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung und die effiziente Arbeit der Regierung.

Dabei stehen Lebensqualität der Bürger Singapurs und Ökologie gehen hier Hand in Hand. Singapur hat regelmäßig hohe Platzierungen in internationalen Rankings zur Lebensqualität und zu Umweltfaktoren.

Zudem hat das Image der sauberen Stadt hat auch positive Auswirkungen auf den Tourismus, der ein zentraler Pfeiler Singapurs Wirtschaft ist. Singapur ist eine der führenden Tourismusdestinationen der Welt und profitiert von seiner sauberen und sicheren Umgebung.

Quellen:

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