Manche Politiker bringen immer wieder die Kernenergie als Ersatz für fossile Energieträger ins Spiel. Liegt hier vielleicht eine Chance? Letztendlich lässt sich das leicht beantworten: zu teuer und zu gefährlich.
Zu teuer…
Kernkraftwerke werden weltweit nur von Unternehmen gebaut, die staatlich gefördert werden oder wenn Staaten die Kosten übernehmen. Nirgendwo baut ein privatwirtschaftliches Unternehmen auf eigene Kosten ein Kernkraftwerk. Für private Unternehmen lohnen sich Bau und Betrieb eines Kernkraftwerks nicht, wenn die Ausgaben über den Verkauf des Stroms wieder eingeholt werden sollen. Oder aber die Kilowattstunde Strom wäre einfach zu teuer. Neubauprojekte in Europa oder den USA sind mit erheblichen Verzögerungen und Kostenüberschreitungen verbunden. Auch der Weiterbetrieb bestehender Kernkraftwerke ist nicht wettbewerbsfähig mit anderen Energieträgern und können nur durch Subventionen am Netz gehalten werden.
Zu gefährlich…
Der zweite Punkt sind die Risiken. Es gibt keine Versicherungen für Kernkraftwerke. Warum wohl? Keine privatwirtschaftliche Versicherung – und sei sie noch so groß – will die Risiken eines Kernkraftwerks versichern. Das heißt, bei einem Unfall im Kernkraftwerk muss der Steuerzahler für die Risiken einstehen. Wenn man als Beispiel Fukushima betrachtet, riskierten die Steuerzahler in Japan ihr Leben, ihre Gesundheit, die Bewohnbarkeit eines Teils ihres Landes und jede Menge Steuergeld. Auch andere Länder hatten und werden auch in Zukunft noch Ausgaben wegen Fukushima haben, um mit den Folgen dieses Unfalls klarzukommen.
Eine Studie der Bundesregierung hat 2011 berechnet, dass allein die Prämie für eine Versicherung eines Kernkraftwerks zwischen rund 14 Cent und 2,36 Euro pro Kilowattstunde betragen müsste. Nur die Versicherung! Damit wird deutlich, dass das immer gerne heruntergespielte Risiko vielleicht doch gar nicht so klein ist, wie die Befürworter gerne darstellen. Spätestens wenn die Versicherung für die Kernkraft durch die Einnahmen gedeckt werden müsste, ist Strom aus Kernenergie im Vergleich zu Strom aus regenerativen Quellen endgültig zu teuer.
Aber die Politik sagt doch…
Bei der Weltklimakonferenz COP 28 erklärten 22 Staaten, dass sie ihre Atomkapazitäten verdreifachen wollen. Experten bewerten dies als unmöglich. Die Unternehmen, die in der Lage wären, Kernkraftwerke zu bauen, sind an einer Hand abzuzählen. Sie sind überschuldet, Bauzeiten verdoppeln sich und die Kosten für einzelne Projekte explodieren. Die Unternehmen sind bereits mit den existierenden Reaktorflotten bis an die Grenze ausgelastet, für neue Projekte fehlen zudem die Mitarbeiter.
Weltweit gehen aus diesen Gründen mehr Kernkraftwerke vom Netz, als hinzukommen. Auch die Bau- und vor allem Genehmigungszeiten sind so lang, dass frühestens in 20 Jahren mit ersten neuen Kraftwerken gerechnet werden könnte – vorausgesetzt, es gibt keine Verzögerungen. Selbst ohne Versicherung rechnen Experten von einem Preis pro Kilowattstunde Atomstrom von mindestens 18 Cent. Der Strom aus Wind und Sonne kostet ein Viertel davon. So haben in Deutschland die Energiekonzerne auch schon abgewunken, neue Kernkraftwerke ohne massive staatliche Subventionen zu bauen. Aber warum sollte man das tun? Warum sollte man massiv Steuergelder in den Bau von Kernkraftwerken stecken, um dann Strom zu produzieren, der teurer ist als der aus Sonne und Wind?
Und dann haben wir da noch das Problem der Endlagerung des atomaren Abfalls. Ein geeignetes Endlager ist noch nicht gefunden, die Suche nach einem solchen kostete trotzdem schon Milliarden. Auch der Versuch, Atommüll in der Schachtanlage Asse II zu versenken, dürfe als gescheitert angesehen werden. Die Grube droht einzustürzen, in den Schacht bricht Wasser ein. Aktuell fragt man sich hektisch, wie und ob überhaupt man den Atommüll noch aus dem Schacht herausbekommt. Der Müll droht in weitem Umfeld das Grundwasser zu verseuchen.
Bleibt die Frage nach einem Weiterbetrieb der noch bestehenden Atomkraftwerke in Deutschland. Hier winken die Betreiber schon länger ab. Die erforderlichen Mitarbeiter stehen schlichtweg nicht mehr zur Verfügung. Manche sind in Rente, manche arbeiten bereits am Rückbau der Anlagen und wiederum andere sind in neuen Jobs.
Und in anderen Ländern?
Der Blick in andere Länder hilft auch nicht wirklich. Ein paar Beispiele gefällig? Die geplanten französischen Neubauten werden wohl 30 Prozent teurer als geplant. In Polen hat man den Bau des ersten polnischen Kernkraftwerks erst mal verschoben. Der Bau des Kernkraftwerks Hinkley Point C in England ist in Schwierigkeiten, denn die Kosten explodieren. Das Projekt bauen die französische EDF und die Chinesen zusammen. Letztere haben nun bekannt gegeben, keine weiteren Kosten zu übernehmen. Die EDF hat 65 Milliarden Schulden, weil sie von ihrem Eigentümer, dem französischen Staat, gezwungen wurde, den Strom billiger als zu den Herstellkosten zu verkaufen. Die Liste der Beispiele geht weiter. Es sieht also nicht gut aus für die Kernenergie.
Die Zahl der Kernkraftwerke nimmt weltweit langsam ab. Im Jahr 2010 gab‘s gemäß dem World Nuclear Industry Status Report noch 437 Kernkraftwerke. Im Jahr 2020 waren es noch 415. Das Bild ist jedoch schief, denn außerhalb von China und vielleicht noch Russland werden kaum noch Kernkraftwerke gebaut. China baut aktuell noch relativ viele, weil China einen immensen Energiebedarf hat. Das ändert sich aber auch, denn China steigt um und bezieht schon jetzt über 30 Prozent (2022) der Energie aus regenerativen Quellen.
Fakt ist, in den letzten 15 Jahren hat der Anteil der Atomkraft am Strommix in Deutschland, aber auch weltweit ständig abgenommen – und der Anteil von Strom aus regenerativen Quellen zugenommen. Der einfache Grund ist, dass die Atomkraft gerade von effizienteren Technologien abgelöst wird.
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.